Thaer im Dialog mit Herrn Dr. Hortmann-Scholten

Thaer im Dialog mit Herrn Dr. Hortmann-Scholten 


Herr Fabel und Herr Geerken (Direktor u. Sekretär der ATG) führten mit Herrn Dr. Hortmann-Scholten von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen ein sehr aufschlussreiches Gespräch. Ergänzend stellte er uns die beigefügten Charts "zum aktuellen Schweinemarkt" zur Verfügung. 


Frage: Herr Hortmann-Scholten, die Schweineproduktion ist nach wie vor ein herausforderndes Thema. Uns interessiert Ihre Einschätzung für einen jungen Landwirt, der sich in der Ferkel- bzw. Mastproduktion entwickeln möchte.


Albert Hortmann-Scholten: Die aktuellen Durchschnittsbestände in Vollerwerbsbetrieben pendeln bei Sauen zwischen 350-400 Tieren bzw.  bei Mastbetrieben zwischen 2.000 bis 5.000 Plätzen. Hatten wir in der Vergangenheit in vielen Bereichen einen „freien“ Markt, so haben sich die Rahmenbedingungen in vielerlei Hinsicht verändert.


Nehmen wir das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz, das die verschiedenen Haltungsformen, 1 . Stall / 2. Stall+Platz / 3. Frischluftstall / 4. Auslauf/Weide und 5. Bio, vorgibt. 


Während Haltungsform 1 der Standard ist, muss bei der Haltungsform 2 entsprechend mehr Platz je Tier vorgehalten werden. Bei den höheren Haltungsformen bedarf es einer Genehmigung der Baubehörde, da die Stallanlage verändert werden muss. Allein dieses Thema bedarf einer intensiven Absprache mit den zuständigen Behörden. Es wird sicher Betriebe geben, die die Anforderungen z.B. aufgrund von künftigen Immissionen nicht erfüllen werden und diese Alternativen nicht nutzen können. 


Hinzu kommt, dass der LEH ab 2030 die Haltungsformen 3,4 und 5 durchgängig etablieren und die derzeitige mehrheitlich erzeugten Haltungsformen 1 und 2 „auslisten“ möchte. Ob das gelingt, ist aus meiner Sicht sehr fraglich.


Frage: Wie könnte eine Empfehlung aussehen? 


Albert Hortmann-Scholten: Der Verbleib im Standardverfahren, also Haltungsform 1 oder 2, ist i. d. R.  seitens der Beratung dennoch die Empfehlung. Zu berücksichtigen ist, dass der Verbraucher/die Verbraucherin durchgängig preissensibel ist. Gekauft wird nach Qualität und Preis, wobei die Qualität rein optisch nicht zu erkennen ist und auch nicht anhand des Geschmacks.


Der Markt wird sich nach meiner Einschätzung segmentieren; 10 – 15 % werden bis 2030 in den Haltungsstufen 3 – 5 produzieren. Zu überlegen ist sicher auch vom jungen Betriebsleiter, ob das Risiko „gestreut“ wird, also konventionelle Produktion plus Haltungsformen 3 bzw. 4. Aktuell sind wir bei einem Marktanteil des Biofleisches von 1 %.


Frage: Wie wirken sich die Entwicklungen in Dänemark und den Niederlanden aus?


Albert Hortmann-Scholten: Die Niederlande bietet aktuell ein Ausstiegsprogramm in den Natura 2000-Gebieten an. Der Staat stellt Fördermittel i.H.v. 3,5 Mrd. € für alle ausstiegswilligen Tierhalter bereit. Allerdings wird der Stall dann abgerissen und der Landwirt muss erklären, dass er die Tierproduktion komplett aufgegeben wird.  Dies wird dazu führen, dass die Einfuhr nach Deutschland zurückgehen wird. Auch dieser Umstand bietet Marktchancen für Schweinehalter. 


Frage: Wenden wir uns dem Thema Nachhaltigkeit zu, das z.B. aus Sicht der Kreditbanken an Bedeutung gewinnen wird.


Albert Hortmann-Scholten: Darunter verstehe ich die 3 Bereiche Ökonomie, Ökologie und Soziales. 


Optimalerweise stehen diese in einem Gleichgewicht, allerdings betrachten wir vorrangig als Gesellschaft die ökologischen Herausforderungen, wie z.B. den Umweltschutz, die CO-2 Minimierung und den sehr wichtigen Bereich Tierschutz. 
Aber wir müssen diese drei Nachhaltigkeitsziele im Gleichgewicht halten. Wenn uns dies nicht gelingt, dann reden wir nicht mehr über eine auskömmliche Ökonomie. Jede betriebswirtschaftliche Unternehmung muss auf Gewinnerzielung ausgerichtet sein, um damit auch die Bereiche der Nachhaltigkeit bedienen zu können. 


Frage: Herr Hortmann-Scholten, welche Hürde ist außer dem Baurecht zu nehmen?


Albert Hortmann-Scholten: Die Arbeitserledigung. Viele unserer Beratungskunden unterschätzen das Thema. Hatten wir in der Vergangenheit regelmäßig mehrere Familienmitglieder, die mithalfen, so ist auch hier ein Strukturwandel festzustellen. Unerlässlich ist es, zu hinterfragen, wer die Arbeitserledigung übernimmt. Fremdarbeitskräfte zu einem angemessenen Gehalt zu beschäftigen, ist auch in Erwägung zu ziehen.  Dabei sind dann Wochenarbeitszeiten zu beachten, und vor allem muss der Betriebsleiter/ die Betriebsleiterin eine gute Führungskraft sein; dies sind nur einige wichtige Punkte. Sofern notwendig, ist auch für eine angemessene Unterkunft und Verpflegung Sorge zu tragen. All dies bedingt aber eine bestimmte Betriebsgröße. 


Frage: Wenden wir uns am Ende des Gesprächs dem Grundsatzthema zu: freier Bauer oder Vertragsnehmer?


Albert Hortmann-Scholten:
Im Geflügelbereich sind die meisten Betriebe über Verträge eingebunden und haben in der Vergangenheit regelmäßig gute Betriebsergebnisse erzielt. 


Im Bereich der Schweineproduktion ist auf der Ebene der Schlachthöfe eine zunehmende Konzentration festzustellen, aber dies ist eine Marktentwicklung, die wir als Berufsstand gar nicht in der Hand haben. 


Allerdings spielt zunehmend auch die Integration eine bedeutende Rolle. So bestehen z.B. Kooperationen mit Futtermühlen, die Ferkelproduktion mit deutscher Genetik ist vorgegeben. 


Hier sind aber im Gegenzug faire Vertragsbedingungen unerlässlich, die über einen längeren Zeitraum Sicherheit für den produzierenden Betrieb geben.  


Herr Hortmann-Scholten, wir bedanken uns bei Ihnen für das ausführliche Gespräch und die Zeit, die Sie sich genommen haben!

 

 

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Charts zum aktuellen Schweinemarkt.pptx
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